Komm mit, ich zeig dir die Region. Ich brauche wieder „Natur“, frische „Luft“ und die Farbe „Grün“. Mit einer Wandergruppe bin ich unterwegs auf einer Schnuppertour: vom Feldberg- zum Belchengipfel, die „Königsetappe“ des legendären Westweg. Das sind 27 Kilometer Wanderstrecke.
Der um 1900 erbaute Westweg ist der älteste Fernwanderweg in Deutschland und eine anspruchsvolle Wandertour. Beginnend in Pforzheim, führt er über hügelige Landschaften durch den Nordschwarzwald bis zur Wasserscheide zwischen Rhein und Donau. Weiter geht es über den Titisee zum Feldberg und den Belchen. Nach 285 Kilometern und 11 Tagesetappen endet er im Nordosten von Basel.
Wolken am Gipfel
Mit der Feldbergbahn lassen wir uns vom Parkplatz zum Gipfel hochschaukeln. Auf die erhoffte Aussicht müssen wir heute verzichten. Nebel um uns und alles grau in grau. Wir stehen mitten in den Wolken. Georg Schwörer, unser Wanderführer vom Schwarzwaldverein, versteht es geschickt, uns trotzdem zu begeistern und hält uns bei bester Wanderlaune.
Er erzählt und kommt ins Schwärmen: „Bei klarem Herbstwetter seht ihr die Alpenkette wie im Breitwandkino. Der Blick reicht von der Zugspitze über die Allgäuer Berge bis zu den Schweizer Bergen Eiger, Mönch, Jungfrau. Im Westen sieht man den vergletscherten Montblanc- Gipfel und die französischen Alpen. Die Vogesen liegen nahe im Westen und davor die Rheinebene.“ Die schönste Jahreszeit für ihn ist der Herbst. Wenn Schwarzwaldtäler mit Bodennebel gefüllt sind und die Gipfelkuppen von Hornisgrinde, Schliffkopf und Belchen heraus ragen.












Empfindsame Seltenheit
Georg lenkt unsere Aufmerksamkeit vom Ausblick direkt vor unsere Füße. Hier liegt der eiszeitliche Feldsee. Er ist Lebensraum einer geheimnisvollen und empfindlichen Wasserpflanze, des „Sternsporentragenden Brachsenkrauts”. Die Pflanze, die wie Schnittlauch aussieht, braucht zum Überleben kristallklares Wasser und Licht. Wenn Schlamm durch Badende aufwirbelt, fehlt dieser Pflanze das Sonnenlicht. Sie zieht sich zurück und stirbt. Aus diesem Grund wurde für den idyllisch gelegenen Feldsee ein Badeverbot verhängt. Hier wird Artenschutz konkret. Die meisten Besucher zeigen Verständnis für diese Maßnahme.
Schritt für Schritt wandern wir weg vom Feldberggipfel. Am Wegesrand stehen wild zerzauste „Kampffichten“. Von Stürmen geformt wie japanische Bonsais. Schemenhaft stehen sie im Nebel und erinnern an „Waldgeister“. Gelber Enzian, Alpendost, Scheuchzers Glockenblume und Augentrost wachsen hier. Pflanzen, die auch in den Alpen vorkommen. “Seltene Pflanzenarten können nur bestehen, wenn die Flächen offen bleiben und nicht mit Gebüsch zuwachsen. Deswegen werden hier die extrem genügsamen Hinterwälder Rinder gehalten. Sie liefern mit 20 Liter pro Tag halb so viel Milch wie ein Hochleistungsrind. Dafür haben sie mehr Fleisch und Muskeln auf den Rippen. Das Hinterwälderrind ist leicht, verursacht keine Trittschäden auf der Grasnarbe und ist optimal geeignet für Steillagen. Dieses Rind ist der beste „Landschaftspfleger“ für karge Regionen im Hochschwarzwald,“ erläutert Georg.
Gemächlich zieht sich der Westweg in Richtung Todtnauer Hütte hinab. Nach einem Einkehrschwung und einer „Schwarzwälder Brotzeitplatte“ wandern wir gestärkt weiter. Die Sicht auf die Umgebung wird besser. Auf einem breiten und gut ausgebauten Wanderweg gehen wir über den Höhenrücken des Stübenwasen. Wir blicken links und rechts in Täler, die wir queren. Der Herbst zieht ein. Die Gräser der Bergwiesen sind braun geworden, die Beeren reif. Jede Jahreszeit hat ihren eigenen Reiz. Die Temperaturen im September sind angenehm. Das weiche Streiflicht über der Landschaft fasziniert mich



Sinnliches Erlebnis
Wir wandern der orangeroten Markierung folgend, tiefer und tiefer in die Waldregion. Für einige Stunden werden wir vom Wald „verschluckt“. Für mich ein sinnliches Erlebnis. Ich liebe den Duft nach feuchtem Moos, nach Humus, Waldboden, Farnen und Pilzen. Im Gehen sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht. Auf den ersten Blick nur Baumstämme. Einige mit silberfarbener, feinrissiger Borke. Das sind Weißtannen. Dazwischen die braungeschuppten Stämme der Rotfichten. Die wuchtigen Stämme mit grobrissiger Borke sind schnellwachsende Douglasien. Sie werden auch im Schwarzwald gepflanzt. Dazwischen Forstpflanzungen mit bäuerlichem Plenterwald. Hier sind verschiedene Baumarten in unterschiedlichen Altersstufen.
In der Ferne höre ich Geräusche. Das Knarren der Äste, wenn der Wind in die Baumkronen fährt. Einen Specht, der am hohlen Stamm klopft. Ich habe erfahren, dass Wolf und Luchs über die „grüne Grenze“ von der Schweiz aus eingewandert sind. Die scheuen Tiere wird der Wanderer kaum sehen. Die Tatsache, dass Wolf und Luchs im Wald sein könnten, gibt dem Wald die ursprüngliche Wildheit und den Zauber zurück. Das Wilde, Mystische und Unheimliche, das Grimms Märchen beschreiben, ist wieder da. Doch der „böse“ Wolf macht uns heute keine Angst mehr.
Am späten Nachmittag kommen wir an der Bushaltestelle Notschrei an. Die anderen unserer Wandergruppe und ich haben wenig Lust, bei Nebel die letzten Kilometer zum Wiedener Eck zu wandern. Wir nehmen den Bus und werden bequem transportiert.






Auf zum Belchen
Am kommenden Morgen starten wir vom Westwegportal am Wiedener Eck. Nach einigen Höhenmetern erklärt uns Dr. Thomas Coch, Geschäftsführer der Ferienregion Münstertal Staufen, das ausbalancierte Zusammenspiel von Landschaftspflege, Landwirtschaft und Tourismus im Schwarzwald. Es ist wichtig, diese Zusammenhänge zu verstehen. Tourismus ist die wirtschaftliche Basis dieser Region. Wenn Landwirtschaft zurückgeht, wird sich Wald ausbreiten. Die Attraktivität dieser Region braucht waldfreie Kulturlandschaft. Gäste, die hierher kommen, wollen nicht nur Wald. Es sollen offene Flächen und Wiesenlandschaften zu sehen sein. Dies brachte eine Umfrage bei den Gästen des Münstertales ans Tageslicht. Der Wald nimmt im Münstertal eine Fläche von 50 Prozent ein. In anderen Regionen des Schwarzwalds gibt es wenig Landwirte. Dort ist der Waldanteil wesentlich höher.
Vor uns sehen wir Einzelhöfe auf großen Feldern, mit Hecken am Rand des Grundstücks. Dazwischen wachsen freistehend Hutebäume. Es sind Terrassen von ehemaligen Ackerflächen zu sehen. Darauf wurde früher Korn und Flachs angebaut. Heute lohnt sich Landwirtschaft nicht und die letzten Bauern führen hier einen harten Existenzkampf.
Neben EU-Fördermitteln bekommen die Bauern weitere Zuschüsse von der Gemeinde Münstertal für das Freischneiden von zugewachsenen Flächen. Eine weitere Förderung ist die „Ziegenprämie“. Insgesamt beteiligt sich das Münstertal mit 110 000,00 Euro jährlich an der Landschaftspflege. Das entspricht 50 Prozent der eingenommen Kurtaxe. Gerechtfertig wird die Förderung der Landwirte mit Sicherung der Infrastruktur für den Tourismus.
Wir gehen auf dem Westweg entlang des Heidstein am Rande des Münstertals weiter. Nach einer Mulde steigt der Weg an. Wir wandern durch alpinen Bergmischwald, bestehend aus Fichten, Tannen, Mehlbeeren und Ebereschen. Dazwischen sehe ich die Waldmarbel, den Rippenfarn, den blauen Eisenhut sowie den roten Fingerhut. Noch sind einige Serpentinen vor uns, bevor wir das 1414 Meter hoch gelegene Gipfelplateau des Belchen erreichen.






Mit Martin Wissler auf den Belchen
Martin Wissler vom Berghotel Wiedener Eck steigt einmal pro Woche auf den Blechen, „seinen“ Hausberg. „Der Aufstieg ist eine Herausforderung. Ich bevorzuge den Morgen, wenn kein anderer Wanderer unterwegs ist. Da sehe ich den Fuchs, den Dachs, die Wildsau, die Rehe und ganz oben am Belchen Gämsen. Ich genieße die Stille des Weges. Hier oben gibt es an jeder Ecke andere Blicke nach unten. Da kann ich wunderbar entspannen, entschleunigen und wieder Kraft für den Alltag tanken. Das brauche ich bei meinem anstrengenden Job als Gastwirt. Am Gipfel angekommen, habe ich Glücksgefühle. Ich blicke auf die anstrengende Wegstrecke und sehe, was ich geleistet habe. Das gibt mir ein Hochgefühl und innere Zufriedenheit zurück,“ erzählt Martin.
Der Belchengipfel ist neben dem Feldberg der zweite große Aussichtsberg im Schwarzwald. Auf dem Gipfelplateau ist ein historischer Grenzsstein, der die ehemalige Grenze zwischen Baden Baden und Vorderösterreich markiert. Wir kehren im Belchenhaus ein und stärken uns mit Badischem Eintopf, bevor wir mit der Gondelbahn ins Tal abfahren.
Fazit:
Die „Königsetappe“ des Westweges ist ein empfehlenswerter Tipp für ein paar Tage Wandern. Auf kurzer Wegstrecke gibt es ein maximales Wander- und Naturerlebnis. Es reicht ein verlängertes Wochenende. Am besten mit der Bahn in den Schwarzwald fahren und zwei bis drei Tage wandern.
Der Westweg ist vom Deutschen Wanderverband als Qualitätsweg zertifiziert worden. Der konditionsstarke Wanderer benötigt für die Gesamtstrecke etwa 14 Tage. Die Gastgeber am Westweg haben sich auf Wanderer eingestellt. Die Gastbetriebe bieten komfortable Unterkunft und regionale Produkte auf ihren Speisekarten an. Wanderer, die nur einen Tag nächtigen, sind auch willkommen. Auf Wunsch bieten die Gastgeber kostenlosen Shuttledienst vom Westweg und retour zum Ausgangspunkt. Außerdem gibt es günstige Pauschalangebote mit Gepäcktransport. Einmalig in Deutschland ist die Konuskarte. Sie bekommt jeder Übernachtungsgast vom Vermieter. Damit kannst du Tagesetappen überspringen und kostenlos mit dem Bus zum nächsten Etappenort fahren.
Die kurze Westwegetappe vom Feldberg zum Belchen war für mich ein schönes Wandererlebnis, das ich empfehlen kann. Den harzigen Geruch von frisch geschlagenem Holz verknüpfe ich fortan mit freudigen Gefühlen und


Was erzählt diese Landschaft?
Dr. Thomas Coch, erklärt die Wechselbeziehung von Landwirtschaft und Tourismus im Schwarzwald. Landwirtschaft soll kein Pflegebetrieb werden, deswegen unterstützt das Schwarzwälder Münstertal seine letzten Landwirte mit einem Teil der Kurtaxe. Das ist einmalig in Deutschland.
Infoteil:
Im “Haus der Natur” des Naturparks Südschwarzwald wird auf Schautafeln gezeigt, was kreucht und fleucht und welche ökologischen Zusammenhänge bestehen. Ich bekomme eine Ahnung von der Artenvielfallt, die hier zu finden ist. Einen Besuch im “Haus der Natur2 ist empfehlenswert.
www.naturpark-suedschwarzwald.de
Der “Westweg” ist als Qualitätsweg vom Deutschen Wanderverband ausgezeichnet. Er wurde erneuert und mit moderner Beschilderung versehen. Attraktive Aussichtspunkte ermöglichen fotogene, weite Blicke übers Land. Hier gibt es eine Begleitbroschüre mit allen wichtigen Informationen und Kontaktadressen.
Übernachtungstipp:
Martin Wissler gibt dir gerne wertvolle hinweise für Wanderungen in die Umgebung und für die Besteigung es Belchengipfels. Das komfortable Berghotel “Wiedener Eck” bietet auch regionale Produkte auf der Speisekarte an.
Berghotel Wiedener Eck Familie Maria und Martin Wissler Oberwieden 15 79695 Wieden im Schwarzwald
Etappen des Westweg:
1. Etappe: Pforzheim – Dobel (23,5 km)
2. Etappe: Dobel – Forbach (25 km)
3. Etappe: Forbach – Unterstmatt (19 km)
4. Etappe: Unterstmatt – Alexanderschanze (28 km)
5. Etappe: Alexanderschanze – Hausach (34,5 km)
6. Etappe: Hausach – Wilhelmshöhe (22,5 km)
7. Etappe: Wilhelmshöhe – Kalte Herberge (23,5 km)
Westliche Variante:
8. Etappe: Kalte Herberge – Hinterzarten
9. Etappe: Hinterzarten – Wiedener Eck (24,5 km)
10. Etappe: Wiedener Eck – Kandern (31 km)
11. Etappe: Kandern – Basel (22,5 km)
Östliche Variante:
8. Etappe: Kalte Herberge – Bärental
9. Etappe: Bärental – Weißenbachsattel (26,5 km)
10. Etappe: Weißenbachsattel – Hasel (21 km)
11. Etappe: Hasel – Basel (35 km)

Mein Dank geht an alle Mitwirkenden und an Baden-Württemberg Tourismus für die gute Organisation.
Schön gemacht, Andreas!
Wer jetzt noch etwas mehr über den träumenden, sich entspannenden Rotschopf erfahren möchte, schaut bei uns vorbei. Bis bald wieder Andreas, waren schöne Tage mit dir!
Grüße, Thomas und Silke.
Thomas und Silke waren im Schwarzwald mit dabei. Schaut auch in den Blog Outdoor-Hochgenuss. Hier findest du ebenfalls Reise- und Wandertipps durch Baden-Württemberg und in die Natur.