Naturparks im Schwarzwald. Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum… Ich sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht! Der Schwarzwald! Für mich so nah und doch so fern. Mich zog es bisher mehr nach Süden und in die Alpen, nicht in den Schwarzwald. Ich bin Weitblick über Berge gewohnt und hier sehe ich kaum über Baumwipfel hinaus. Daran muss ich mich erst gewöhnen. Mit einer Gruppe bin ich im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord unterwegs. Mit Bahn und Bus fuhren wir von Baiersbronn zum Zentrum des Naturparks. Dorothe Schulze vom Naturpark Hohenstein erwartet uns bereits.
Überraschungen im Wald
„Wir gehen in mein Waldklassenzimmer“, sagt Dorothea unsere Naturführerin. Nicht ganz einen Kilometer lang, aber voller Überraschungen, wie wir gleich sehen. Wir betreten den Wald. Abseits der Straße wird es still. Unter unseren Schuhsohlen hören wir das Knacken der morschen Zweige. Die Luft ist kühl und riecht nach feuchtem Moos. Langsam, ganz langsam und achtsam gehen wir vorwärts.
Dorothe erzählt uns: „Als die Römer vor 2000 Jahren kamen, war hier alles Urwald.” Die Römer nannten diesen Wald Silva nigra, schwarzer Wald. Zu dieser Zeit war es ein dichter Weißtannen-Urwald, haben Wissenschaftler festgestellt. Später, im 14. bis 17. Jahrhundert, waren Holz und Baumstämme sehr gefragt, besonders in Holland. Sie wurden als kerzengerade Segelmasten, für holländische Kriegs- und Handelsschiffe gebraucht. Die lang gewachsenen Weißtannenstämme gab es sonst nirgends. Das Flößergeschäft auf dem Rhein bis nach Holland hatte seine Blütezeit. Der Holzhandel machte damals Waldbauern reich. Es ging solange, bis fast der ganze Wald gerodet war. Ab dem Jahre 1800 hat man sich besonnen und den Wald mit schnellwachsender Fichte aufgeforstet.
Nach Jahrhundertsturm “Lothar” kommt neues Leben
Lothar, der Jahrhundertsturm, war ein Wendepunkt. Er fegte am zweiten Dezember 1999 mit 260 Stundenkilometern über den Schwarzwald. Fichtenwälder waren diesem Orkan nicht gewachsen. Weite Flächen fielen dem Sturm zum Opfer. Man musste einsehen, dass es besser ist, einen Mischwald zu haben, nicht eine Fichtenmonokultur. Ganz nebenbei ist Mischwald gut für Naturschutz. Ein Mischwald, mit unterschiedlichem Alter der Bäume, ist stabiler. Er bietet mehr Lebensraum und Nahrung für Tiere. Deswegen werden jetzt die neuen Wälder mit verschiedenen Arten aufgeforstet.
Dorothe lenkt unseren Blick von den Baumwipfeln zurück, auf den Erdboden. Von Ameisen schwärmt sie, besonders von der „Roten Waldameise“. Sie lässt einige behutsam auf ihre Hand krabbeln und zeigt sie uns. „Schaut her, diese Waldameise stellt sich auf und wie aus einer Düse spritzt sie ihre Ameisensäure auf die Hand. Riecht mal!“ Ein stechender Geruch der Ameisensäure -es riecht wie Formaldehyd- zieht durch meine Lungenflügel.
Es dauert nicht lange, dann steht mitten auf dem Pfad ein bildschöner Steinpilz. Wir umgehen ihn alle vorsichtig, damit er nicht zu Schaden kommt. Dorothe erklärt: „In einem Naturpark darf nichts mitgenommen werden: kein Stein, keine Pflanze, kein Steinpilz, auch keine Beeren. Die Beeren sind für den Auerhahn. Der Auerhahn frisst Beeren. Wenn sie im Winter noch am Zweig hängen, mag er sie auch. Wenn der Auerhahn im Winter keine Beeren mehr findet, ernährt er sich nur von Tannennadeln.“



Die Naturparke haben sich besonders um den Schutz des Auerhahns gekümmert. Der Auerhahn braucht geeignete Lebensräume. Mischwälder mit Lichtungen dazwischen, und mit geeigneten Futterpflanzen. Das findet er wieder im Schwarzwald. Auch ohne menschliches Zutun würde sich ein schöner Wald entwickeln. Dafür sorgen die Gärtner des Waldes. Das sind Eichhörnchen, Nager wie die Rötelmaus und Tannenhäher. Sie legen sich im Herbst ihre Futtervorräte für den Winter an. Aus den „vergessenen“ Samenvorratslagern entwickeln sich im folgenden Frühling neue Bäume.
Das intakte Ökosystem des Schwarzwaldes bietet Ressourcen zum Nutzen für Menschen in dieser Region. Es liegt nahe, hier eine Kernzone auszuweisen, die ausschließlich der Natur allein überlassen bleibt. Ein Gebiet, aus dem sich der Mensch vollkommen zurück nimmt. Wo der extrem scheue Luchs und die Wildkatze ungestört leben kann, wo sich die natürliche Dynamik ohne menschlichen Eingriff entfalten kann.
Die Landesregierung plant in der Region des Naturparks Nordschwarzwald einen Nationalpark. Es sind nur drei Prozent der Gesamtfläche. Bis es soweit ist und alle davon überzeugt werden können, braucht es noch Zeit.
Man sieht nur, was man weiß.
Ich sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht, dachte ich zuerst. Die Führungen mit Naturpädagogin Dorothe Schulze vom Naturpark Schwarzwald Nord/Mitte und Valerie Bässler vom „Haus der Natur“ auf den Feldberg waren hochinteressant. Sie änderten meinen Blick auf den Wald. Sie öffneten meine Augen und mein Herz für die Schwarzwaldlandschaft. Jetzt erst sehe ich vor lauter Bäumen den Wald und erkenne Zusammenhänge. Wie komplex das Ökosystem Wald und die umliegende Kulturlandschaft doch ist! Wie wertvoll und wie alles miteinander zusammenhängt in der Natur!
Meine Tipps für Naturerlebnisse im Schwarzwald
Wenn auch Sie ein besonderes Erlebnis im Schwarzwald suchen: Machen Sie eine Führung mit einem Naturpark – Guide! Hier ist eine Auswahl aus dem Angebot von Erlebnis-Touren der Naturparke Schwarzwald Mitte/Nord und des Naturpark Südschwarzwald:
- Wandern mit der Kraft der Farben: Farben und ihre Bedeutung
mit Patrizia Stortz - Das Kalte Herz – Märchen von Wilhelm Hauff: Wanderung und Märchenlesung
mit Martina Scherer. - Waldecker Burgen – auf den Spuren von Rittern und Naturphänomenen
mit Gerhard Mörk - Sagenhafte Wanderung bei Vollmond
mit Karl Keller - Unterwegs wirst du ein anderer Mensch – wie Landschaft auf dich wirkt
mit Patrizia Stertz - Wildkräuterwanderung mit Flammkuchenessen aus dem Holzofen
mit Berit Hohenstein-Rothinger
Mobil auch ohne Auto
Im Schwarzwald fahren Sie als Übernachtungsgast kostenlos mit ÖPNV ! Ein großartiger Service! Naturpark-Wirte bieten Regionalprodukte auf ihren Speisekarten an. So stelle ich mir Urlaub vor! Energiesparend, ohne Fahrstress mit “Fahrtziel Natur”, (dies ist eine Kooperation der Deutschen Bahn und der Umweltverbände, Bund für Umwelt und Naturschutz e.V. (BUND), Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) und Verkehrsclub e.V. (VCD)), anreisen, etwas erleben in der Region und gut essen! Alles zusammen ergibt: Einen gelungen Urlaub und ein gutes Gewissen!
