„Teufels Hirnschale“ nennen die Einheimischen diese schwer kultivierbaren karstigen Stellen in der Landschaft. Rau und kalt ist es auf der Albochfläche. Die Schwäbische Alb hat karge Böden, blankes Karstgestein kommt stellenweise an die Oberfläche. Zwischen Donau und Neckar, von Tuttlingen bis Donauwörth verläuft ein 350 Kilometer langes Karstgebirge. Die bis zu 400 Meter hohe Abbruchkannte nennt man Albtrauf. Aus der Ferne sieht der Höhenzug des Albtraufs aus wie eine große, unüberwindbare blaue Mauer. Diese felsigen Höhenzüge waren Korallenriffe, die vor über 180 Millionen Jahren vom Urmeer geschaffen wurden. Versteinerte Lebewesen wie Riesenschnecken (Ammoniten) und andere Versteinerungen lassen ahnen, wie alt das Gestein ist. Die ganze Schwäbische Alb ist darauf aufgebaut. Erodierende Bäche haben Schluchten in das Karstgestein gegraben. Eindringendes Wasser hat Höhlen im Innern der Berge geformt. Dort, wo Wasser als Quelle zum Vorschein kommt, bilden sich Kalksinterterrassen. Die Schwäbische Alb ist löchrig wie ein „Schweizer Käse.“ Manchmal brechen die Höhlendecken ein. Dadurch entstehen trichterförmige Mulden in der Landschaft, die Dolinen. Von der Kannte des Albtraufs hat der Wanderer schöne Panoramablicke über Felder, Streuobstwiesen und Wälder. Die Schwäbische Alb hat viel zu bieten, die Burg Teck, Burg Hohenstaufen und die riesige Burgruine Hohenneuffen thronen wie Adlerhorste auf den Höhenrücken.
Die Schwäbische Alb hat magere Böden und Artenvielfalt
Im Vorbeifahren sehe ich, dass hier das Korn halb so hoch wächst wie andernorts. Es gibt schmale Äcker mit Gerste, Roggen, Dinkel und dazwischen Kartoffeläcker für den Eigenverbrauch. Als Besonderheit wird hier die „Alblinse“ angebaut. Um wachsen und fruchten zu können, braucht die Alblinse Kornhalme zum Hochranken. Die geringe Humusauflage der Karstlandschaft und der magere Kalkboden machen landwirtschaftliche Nutzung schwer möglich. Das ist ein Glück für die Artenvielfalt der Landschaft. Wildpflanzen und selten Blumen wachsen dort, wo sie passende Lebensbedingung vorfinden. Die Arten spiegeln die Bodenverhältnisse. Besonders auf mageren Böden wachsen Pflanzen, die andernorts selten sind.
Großflächiges Schutzgebiet
Die UNESCO hat die Schwäbische Alb zum Biosphärengebiet und zu einem UNESCO Geopark erklärt. Damit ist offiziell, dass die Schwäbische Alb zu den schützenswerten und schönsten Naturwundern der Erde zählt. Im Nationalpark hat die Natur Vorrang vor dem Menschen. Im Gegensatz zum Biosphärengebiet, wo der Mensch mit seinen Aktivitäten einbezogen wird. Der Mensch prägt mit seiner Arbeitsweise die Kulturlandschaft und seine Umgebung. Alte Traditionen und nachhaltige Wirtschaftsmethoden tragen bei, dass sich eine bestimmte Artenvielfalt erst entwickeln konnte. Diese Wirtschaftsformen werden im Biosphärengebiet der Schwäbischen Alb erhalten und gefördert. Neue Zukunftschancen entstehen durch bessere Vernetzung mit Tourismus. Wandern ist Trend. Über die Kammregion der Schwäbischen Alb führt der bekannte Weitwanderweg „Albsteig“. In 16 Tagen kann man von Donauwörth bis Tuttlingen wandern. Insgesamt gibt es in der Region 23 000 Kilometer Wanderwege. Darunter unzählige, kürzere Wander -und Rundwege, die ein Naturerlebnis im Biosphärengebiet ermöglichen. Immer mehr junge Menschen entdecken den Wandersport für sich um ursprüngliche Natur zu finden. Mit Hilfe des Internets, mit Smartphone Apps und Zertifizierung von Wanderwegen kann ein Naturerlebnis von Zuhause aus bequem vorgeplant werden.













Expedition Schwäbische Alb
Ich gehe mit Fritz Merkle auf eine „Expeditionstour“ um den Tobelkopf. Fritz ist hauptberuflich Gärtner, seit 50 Jahren engagiert er sich im Albverein. Daneben ist er Biosphärenbotschafter und Wanderführer. Er kennt jedes Pflänzchen mit Vor-und Zunamen, kennt die ökologischen Zusammenhänge dieser Region aus Erfahrung. Mit ihm lerne ich die Landschaft in ihrer ganzen Breite und Tiefe besser kennen und die Zeichen der Vergangenheit richtig deuten. Ich möchte nicht „blind und taub“ durch die Gegend wandern, sondern die Landschaft erleben. Möchte Pflanzen am Wegesrand kennen lernen, deren Duft riechen, Vogelstimmen erkennen, die Bienen summen hören. Will wissen, was alte Wegmarken bedeuten und was Einheimische denken. Das gibt mir Futter fürs Gehirn, um die Landschaft zu verstehen.
Schwäbische Alb – Zeichen der Landschaft lesen
Wir wandern auf Feldwegen durch die Landschaft. Auf der Anhöhe stehen zwei alte Linden, die ihre Äste wie einen Torbogen über den Weg spannen. Diese Bäume sind eine alte Wegmarke. Hier waren Fuhrwerke unterwegs. Auf der Passhöhe haben die Fuhrleute Pause gemacht. Auch wir machen hier Pause und hören Fritz Merkle gespannt zu. Die Mager- und Trockenwiese daneben ist wie eine „Alb-Apotheke“, sagt er. Es blühen Thymian und Oregano. Zwischen Gräsern blüht echtes Labkraut und Johanniskraut. Wir stecken unsere Nasen in offene Blütenkelche und zerreiben Blättchen zwischen den Fingern, um den Duft der ätherischen Öle zu schnuppern. Wir probieren dies und jenes Blättchen und überlegen, für welches Gericht es in der Küche verwendbar wäre. „Das gelbe Sonnenröschen ist verwandt mit der Cistrose, die in der mediterranen Maccia wächst“, sagt Fritz. Auffallend sind die vielstämmigen, alten Buchen im Wald. „Das kommt vom Fraß der Tiere“, erklärt uns Fritz Merkle. Als die Bäume jung waren, wurden sie vom Vieh immer wieder abgefressen. Erst als die Büsche so breit wurden, dass die gefräßigen Mäuler nicht mehr in die Mitte kamen, wuchsen die Buchen vielstämmig in die Höhe. Das Vieh, Schafe und Ziegen prägen die Landschaft am meisten. Die Schwäbische Alb braucht die Beweidung, damit Wiesen vom Gebüsch frei bleiben und somit krautige Pflanzen und Blumen ihren Lebensraum behalten. Da sieht man, dass es in einer Kulturlandschaft eine enge, gegenseitige Abhängigkeit gibt. Nur wenn der Mensch das Beziehungsgeflecht der Kulturlandschaft versteht, behutsam und steuernd eingreift, kann dieser Landschaftstyp erhalten bleiben. Wo es kein Vieh mehr zur Beweidung gibt, übernehmen freiwillige Helfer und Naturschützer das Mähen und Ausholzen von Gebüsch.
Was haben Navajos aus Arizona und die Schwäbische Alb gemeinsam?
„Zwischen den Navajos und der Schwäbischen Alb gibt es Parallelen. Wacholder wächst hier und in Arizona.“, sagt Achim. „Nach altem, überliefertem Glauben der Navajo Indianer bleiben die Seelen der Toten drei Tage im Wacholderbusch. Erst danach kommen sie in den Himmel.“ „Ältere Einheimische glauben das auch“ sagt Fritz Merkle. „Jakob, mein Großvater, hat mir das erzählt, als ich noch ein kleines Kind war“.
Schwäbische Alb – Erfolgserlebnis Wanderfalke
Ungestörten Lebensraum für viele Vögel bieten die im Laubwald versteckten Felszinnen und zerklüfteten Felslabyrinthe. Am meisten gefährdet war der Wanderfalke. Die letzten siebzehn Brutpaare Europas waren in der Schwäbischen Albregion zu finden. Wanderfalken brüten vor allem in abgelegenen Felsenregionen. Die Schutzmaßnahmen waren für den Wanderfalken erfolgreich. Heute gibt es wieder 200 Brutpaare. Die Nachkommen dieser letzten Brutpaare haben sich in Europa ausgebreitet. Der Uhu brütet gern in Felsnischen oder in aufgelassenen Steinbrüchen. Wildsträucher, Hecken und Gebüsch sind Lebensraum und Nahrungsquelle vieler Kleinvögel. Unsere „Expedition Schwäbische Alb“ endet. Erstaunlich, welch schöne Wanderregion die Albhochfläche und der Albtrauf ist! Mitten in Süddeutschland ein Biosphärengebiet mit einer Fläche von 85 000 Quadratkilometer! Das Gebiet ist nicht der Natur allein vorbehalten. Eine Bewirtschaftung der Landschaft ist erwünscht. Gäste sind willkommen. Die Region ist ein Wanderparadies! In den Flusstälern schmiegen sich Dörfer mit Fachwerkhäusern eng aneinander. Landgasthäuser bieten moderne Gästezimmer und regionale Produkte. Jeder kann in dieser Region auf seine Weise glücklich werden, ob sportlich orientierte Fernwanderer, ob Familien mit Kindern oder Genießer, die für ein paar Tage dem Alltag entfliehen wollen.
Meine Tipps:
- Expeditionen in die Schwäbische Alb: Machen Sie eine “Expeditionstour” mit einem Biosphärenbotschafter. Die Wanderführer des Albvereins haben für Gruppen und interessierte Einzelpersonen große und kleine Tourenvorschläge ausgearbeitet. Sie lernen die Natur des Biosphärengebiets intensiver und aus ganz neuer Perspektive kennen.
- Biosphärengastgeber: Hotels und Gastronomen haben sich zusammengeschlossen. Sie sind stolz auf ihre Region und fühlen sich verpflichtet ihren Beitrag zu leisten. Diese Unternehmer arbeiten mit nachhaltiger wirtschaftsweise, erfüllen hohe Qualitätskriterien und Umweltstandards. Selbstverständlich stehen regional erzeugte und von Spitzenköchen verfeinerte Produkte auf ihren Speisenkarten. Haben Sie schon einmal eine Pizza mit schwäbischen Beeren und Wildkräutern probiert? oder Tomaten mit schwäbischem Büffelmozzarella und Salbei? schmeckt einfach köstlich!
- Forellenhof Rössle: Wenn Sie die Burg Lichtenstein besuchen, sollten sie nicht versäumen im Forellenhof Rössle einzukehren. Famile Gumpper bieten ihnen fein zubereitete Forellenspezialitäten aus
Dieser Beitrag ist mit freundlicher Unterstützung von Baden-Württembergtourismus entstanden. Vielen Dank für die perfekte Organisation.