Ötzi - Iceman. Similaungipfel in den Ötztaler Alpen

Iceman – Ötzi

Am Südtiroler Tisenjoch spielte sich vor 5300 Jahren ein Drama ab. Zwei Bergwanderer fanden am 19. September 1991 einen Körper, der halb aus dem geschmolzenen Gletschereis ragte. Sie meldeten den Fund der nahe gelegenen Similaunhütte. Liegt hier ein Bergsteiger aus früherer Zeit oder ein gefallener Soldat? Es war zunächst nicht erkennbar, dass hier ein Mensch aus der Kupferzeit liegt. Medien die über den Fund berichteten gaben ihm schnell den Namen Ötzi oder Iceman. Bis heute ist nicht genau geklärt, was passiert ist. Matthias Pirpamer, der Hüttenwirt, verständigte sofort die Gendarmerie und bedeckte den Leichnam mit einer Plastikplane bis die Bergrettung kam.

Skitour zum Tisenjoch

Mit Tourenski steigen wir im April 2006 mit Luis Pirpamer, unserem Bergführer, von der Similaunhütte in Richtung Hauslabjoch auf. Der Wetterbericht macht uns keine Hoffnungen an diesem Tag. Mit Steigfellen spuren wir durch tiefen Neuschnee, Nebel hüllt uns ein. Es stürmt, Schneekristalle stieben waagrecht, ich kneife die Augen zu. Den Blick nach unten gesenkt versuche ich, mit dem Vordermann Schritt zu halten. Nach ungefähr einer Stunde sind wir am 3200 Meter hoch gelegenen Tisenjoch angekommen. Hier ist die Fundstelle von Ötzi oder Iceman wie die Feuchtmumie genannt wurde. Die kleine Pyramide nahe der Fundstelle taucht aus dem Nebel auf. Jetzt erst sind wir sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Während der kurzen Rast mache ich ein paar Fotos vom Ötzidenkmal und von der Ötzi Fundstelle.

Beste Anlaufstelle zur Ötzi Fundstätte ist die Similaunhütte

Mit Luis Pirpamer an der Fundstelle

Luis Pirpamer zeigt uns den Fundort der Gletscherleiche. Ötzi der Iceman, lag eingeklemmt zwischen zwei Felsrippen mit dem Gesicht nach unten. Ein drei Meter hoher Eispanzer schützte und konservierte den Körper über die Jahrtausende. Nie hätte ich geglaubt, dass ich der Fundstelle von Ötzi so nahe komme. Die Gletscherleiche konnte erst einige Tage später aus dem ewigen Eis befreit werden. Ein Helikopter brachte sie zunächst ins Tal nach Vent. »Wir legten den Leichnam in einen einfachen Holzsarg, der mit dem Leichenwagen zur Untersuchung nach Innsbruck gefahren wurde«, schildert Luis. Beinahe hätte der Gerichtsmediziner die Leiche von Ötzi zur Bestattung freigegeben, da bei alten Leichen kein Mörder mehr am Leben wäre, den man verurteilen könnte.

Der erste Untersuchung von Ötzi dem Iceman machte Prähistoriker Konrad Spindler der Universität Innsbruck. Er erkannte den wissenschaftlichen Wert dieser archäologischen Sensation und schätzte den Körper von Ötzi auf mindestens 4000 Jahre. Konrad Spindler sorgt dafür, dass die Feuchtmumie sofort in eine Kühlzelle kommt, um den einsetzenden Zerfall zu verhindern.

Ötzis Fundstelle liegt an der Grenze zwischen Österreich und Italien. Beide Länder wollten die Gletscherleiche für sich beanspruchen. Eine Vermessung klärte den genauen Grenzverlauf und belegt, dass Ötzi, der Iceman in Italien starb. Deshalb wurde nun auch die Mumie mit allen Beifunden vom österreichischen Innsbruck in das Archäologische Museum nach Bozen in Südtirol verlagert.

Wege zur Fundstelle von Ötzi am Tisenjoch

Ötzi ist für die Wissenschaft ein Fenster in die Vergangenheit

Ötzi liegt bei konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit in der Klimakammer des Archäologischen Museums in Bozen. Das Paradestück des Museums ist Anziehungspunkt für viele Gäste die Südtirol besuchen.

Für die Wissenschaft bietet Ötzi, der Iceman eine einmalige Chance, um neue Erkenntnisse aus der Kupferzeit zu gewinnen. Ötzi lebte in einer Zeitenwende, als die Menschen mit Ackerbau begannen. Das belegen Funde von Einkorn (Emmer) in seinem Magen. Die letzte Mahlzeit hatte er kurz vor seinem Tod eingenommen. Der Magen war voll mit Körnerbrei, Fett und Muskelfasern von Rothirsch und Fleisch vom Steinbock. Dazu Farnblätter, Moos, man fand Pollen der Hopfenbuche, die im Süden wächst, sowie Nadelbaumpollen (Quelle Dr. Walter Leitner). Was hatte Ötzi für Krankheiten? Was bedeuten die vielen Tätowierungen auf seinem Körper? Wo kommt er her? Welchen Weg zum Tisenjoch hatte er genommen? Auf viele Fragen suchen Wissenschaftler Antworten.

Die letzten Stunden von Ötzi

Als der Radiologe Dr. Paul Gostner eine abgebrochene Pfeilspitze in der linken Schulter entdecke, wird klar, dass Ötzi etwas zugestoßen sein musste. Wissenschaftler entnehmen Proben aus seinem Gehirn und suchen nach Hinweisen, wie er ums Leben kam. Sie stellten eine Schädelfraktur und ein Schädel- Hirntrauma mit vielen Blutungen fest. »Das könnte von einem Schlag auf den Hinterkopf kommen«, meint Dr. Egarter Vigl. Bei späteren CT-Untersuchungen entdeckte Dr. Paul Gostner, dass die Pfeilspitze eine Arterie trennte und Ötzi daran verblutete. Der Schaft des Pfeils wurde herausgezogen und nie gefunden. Vieles deutet darauf hin, dass er von Jemanden ermordet wurde, den er kannte. Warum? Wer hat Ötzi ermordet? Hat es einen Kampf gegeben oder wurde er auf der Flucht getötet? Warum blieb das wertvolle Kupferbeil am Tatort liegen? Welche Stellung hatte er in der Gemeinschaft? Waren es die eigenen Leute? Vielleicht ein eifersüchtiger Rivale?

Neu: Lesenswertes Onlinebuch – “Homo sapiens auf neuen Wegen”. Geoarchäologe Alexander Binsteiner folgt den Spuren der Steinzeitmenschen durch die Alpen und Mitteleuropa.

Kupferbeil aus der Broncezeit

Kupferbeil aus der Bronzezeit. So ein Kupferbeil wurde bei Ötzi gefunden.
Kupferbeil aus der Bronzezeit – Das Paradestück im Naturkunde- und Mammut-Museum in Siegsdorf ist ein im Chiemgau gefundenes Kupferbeil der Marke ‘Ötzi’.

Ötzi liegt jetzt im Archäologischen Museum

Ötzis vorläufig letzte Ruhestätte ist ein gekühlter Sarkophag im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen. Durch ein kleines Fenster können Besucher die Gletschermumie sehen. Pausenlos reihen sich Museumsbesucher ein, um einen raschen Blick auf das eiskalte Grab von Ötzi zu bekommen.

Originalfundstücke von Ötzi geben Einblicke in die Kupferzeit und das tägliche Leben der damaligen Menschen. Eine lebensnahe Rekonstruktion führt dem Betrachter plastisch vor Augen, wie Ötzi damals ausgesehen haben könnte.

> Archäologisches Museum in Bozen – Meilensteine der Ötziforschung

 

Archeoparc im Schnalstal

Archeoparc im Schnalstal 

Ötzis Kultur erleben und lernen im Archeoparc. Das archäologische Freilichtmuseum liegt im hinteren Schnalstal, nahe der Wallfahrtskirche Unser Frau. Der Fundort von Ötzi ist nur sechs Kilometer Luftlinie entfernt. Im Archeoparc wird das Leben in der Kupferzeit (Jungsteinzeit) anschaulich vermittelt. Das Museum zeigt, wie Ötzi Feuer machen konnte oder sich ernährte. Es gibt Besucherwerkstätten, Handwerksvorführungen, Workshops, Ausstellungen und Führungen. Sie erfahren wie die Kulturlandschaft des Schnalstal entstanden ist und wie diese Landschaft heute noch von den Bauern gepflegt wird. Nicht nur für Familien mit Kindern ist der Archeoparc Schnalstal ein kurzweiliges Reiseziel, das empfehlenswert ist.

Leben wie Ötzi für eine Nacht

Als besonderes Urlaubserlebnis können Kinder für eine Nacht in einer Steinzeithütte schlafen. Das offene Feuer wärmt und knistert. Geschichten werden erzählt. In der sicheren Hütte und im Schlafsack liegend hören Kinder Geräusche des Bergbaches, das Knarren der Bäume und die Rufe der Tiere im Wald. Vor dem Frühstück gehts zum Bogenschießen. Ötzi war Jäger und Sammler er konnte nicht so einfach wie wir Lebensmittel im Supermarkt einkaufen.

Archäologischer Freizeitpark Ötzi Dorf Umhausen

Dr. Walter Leitner ist Ötzi Forscher an der Universität Innsbruck und wissenschaftlicher Berater des Freilichtmuseums Ötzi Dorf Umhausen.

Der Innsbrucker Dr. Walter Leiter ist Ötzi Forscher, hier bei einem Diavortrag in Vent. Er ist Leiter des Instituts für Ur-und Frühgeschichte an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck und wissenschaftlicher Betreuer des archäologischen Freizeitparks "Ötzi-Dorf" Umhausen.
Ötzi – Forscher. Der Innsbrucker Dr. Walter Leitner, hier bei einem Diavortrag in Vent. Er ist Leiter des Instituts für Ur-und Frühgeschichte an der Universität Innsbruck und wissenschaftlicher Betreuer des archäologischen Freizeitparks “Ötzi-Dorf” Umhausen.

Ötzis letzter Weg

Von Juni bis April finden geführte Gletschertouren zum Fundort der Steinzeitmumie auf 3.310 m Seehöhe statt. Die Ötzi-Glacier-Tour startet in Kurzras im Schnalstal. Der Anstieg quert auf der Gratwand und am Hauslabjoch den Alpenhauptkamm und führt bis zur Ötzi-Fundstelle. Hernach geht es weiter zur Similaunhütte, durch das Tisental nach Vernagt und zurück nach Kurzras. Im Winter wird die Tour leicht verändert als Skitour durchgeführt. Die Ötzi-Glacier-Tour verlangt eine gute Kondition, Gletschererfahrung braucht man nicht.

Informationen und Anmeldung : Oetzi-Glacier-Tour Tel. +39/0473/679 148

> Mammut-Museum in Siegsdorf

> Alexander Binsteiner Geologe, Paläontologe, Geoarchäologe

> Venus von Willendorf – Naturhistorisches Museum Wien

Latscher Figurenmenhir

Insgesamt elf Menhire wurden in Südtirol und im Trentino gefunden. Bei Restaurierungsarbeiten des Landesdenkmalamtes wurde der Latscher Menhir (3.300-2.200 v.Chr.) 1992 in der Kirche “Unsere liebe Frau auf dem Bichl“ gefunden. Der Latscher Figurenmenhir ist aus reinem Tiroler Marmor und weist neben den ikonographischen Merkmalen der Etschtalgruppe auch Symbole der Lombardischen Valcamonica-Gruppe auf. Im Marmor eingraviert sind  unter anderem Dolche und Beile, wie sie in der Jungsteinzeit bekannt waren. Besichtigen kann man sie mit Dorfführungen mit dem Tourismusbüro in Latsch.

Menhire aus Tiroler Marmor in der Kirche St. in Latsch/Vinschgau
Foto © Andreas Riedmiller Menhir aus Tiroler Marmor in der Kirche St. in Latsch/Vinschgau
Menhire aus Tiroler Marmor in der Kirche St. in Latsch/Vinschgau
Foto © Andreas Riedmiller Menhire aus Tiroler Marmor in der Kirche St. in Latsch/Vinschgau

Ötzi bleibt das spektakulärste Forschungsobjekt der Alpen. Vieles konnten Wissenschaftler bereits erforschen und entdecken. Dennoch bleiben noch Geheimnisse und Rätsel um sein Leben und seinen Tod im Verborgenen.

Tipp:

Öffnungszeiten: Archäologisches Museum Bozen
Geöffnet von Dienstag bis Sonntag
10.00 bis 18.00 Uhr – Letzter Einlass: 17.30 Uhr
Geschlossen montags (außer wenn der Montag auf einen Feiertag fällt)
Im Juli, August und Dezember ist das Museum täglich geöffnet.


Archäologie- Latscher Menhir aus er Steinzeit
Archäologie- Latscher Menhir aus er Steinzeit

Danke für Fotoerlaubnis im Archäologischen Museum in Bozen, im Archeoparc Schnalstal sowie im Ötzidorf Umhausen im Ötztal.

Teile diesen Beitrag
  1. Die Fotos der gewaltigen Landschaften sind wie immer grandios, die Erlebnisse lebendig beschrieben. Einmal eine Nacht wie Ötzi zu verbringen hört sich spannend an. Herzlichen Gruß, Sabine

    • Hallo Sabine,

      Eine altbekannte Region betrachtet aus dem Blickwinkel einer anderen Zeit ist für mich spannend. Im Archäologischen Museum in Bozen kann man Ötzi begegnen. Seine Beifunde geben einen faszinierenden Einblick in die damalige Kupferzeit. Im hinteren Schnalstal unweit der Fundstelle von Ötzi ist der Archeoparc. Ein kleines Museum, mit Nachbauten steinzeitlicher Häuser ist für Kinder ein Platz für Entdeckungen und Lernort. Viele Grüße Andreas

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

This function has been disabled for Lust auf NaTour.