»Nationalpark ist da, wo die Natur macht, was sie will und wo es keinen Handyempfang gibt«, meint ein Schüler. Für manche Kinder und Jugendliche ist dies ungewöhnlich und die größte Umstellung, wenn sie im Nationalpark Bayerischer Wald ankommen. Das Wildniscamp ist eine Bildungseinrichtung des Nationalparks für Kinder ab zwölf Jahren und für Schulklassen. In einer Waldlichtung stehen sechs Hütten aus verschiedenen Ländern originalgetreu aufgebaut.

Wildniscamp im Nationalpark Bayerischer Wald
Achim Klein, Leiter des Wildniscamps, führt uns durch das Camp. Gleich zu Beginn zeigt er uns die »Thoreauhütte«, die vom Verein WaldZeit erbaut wurde. Die Holzhütte ist umrandet von ockerbraunem Adlerfarn und lädt jeden ein, sich mit Thoreaus Philosophie zu beschäftigen.
Thoreau (1817 bis 1862) lebte zwei Jahre in einer Blockhütte am Walden-See nahe seiner Heimat Concord in den USA. Er will herausfinden worauf es im Leben wirklich ankommt. In einem Tagebuch beschreibt er seine Erfahrungen als Lehrer- und Landvermesser. Sein einfaches Leben sowie seine ökologische Denkweise sind heute immer noch aktuell. Für Thoreau war das Leben am Walden-See ein Experiment der Selbstverwirklichung. Aus dem Tagebuch wurde später sein Hauptwerk »Walden oder Leben in den Wäldern«. Dieses Buch machte ihn später als Schriftsteller berühmt.
Abenteuerspielplatz und Leben im Nationalpark Bayerischer Wald
Partner des Nationalparks Bayerischer Wald erbauten landestypische Hütten aus ihren Gebieten. Auf Stelzen steht ein vietnamesisches Langhaus, daneben eine strohgedeckte Hütte aus dem Amazonasgebiet mit großer Veranda und einem Einbaumboot davor. Eine Lehmhütte stammt aus Benin, eine Cabanà aus Venezuela, ein Tschum aus Sibirien und die Ruka aus Chile. Zwischen Fichtenstämmen steht ein komfortables Baumhaus. Netze sichern es ab, damit den Kindern nichts passiert. Im Hauptgebäude ist der Speisesaal, Sanitäranlagen und weitere Schlafplätze.
“Jage deinem Leben nach”. “Genieße das Land, doch besitze es nicht”, “Sei mit Entschlossenheit, was du bist”, “Vereinfache dein Leben”. “Tu was du wirklich liebst”.
Henry David Thurgau
»Das Lebendige ist das Wilde« Thoreau
Die Länderhütten im Wildniscamp des Nationalpark Bayerischer Wald bieten den Kindern einfache Unterkunft und engen Kontakt mit der Natur. Jede Hütte hat ihren eigenen Charakter. Sie regen die jungen Gäste an, sich mit dem Lebensraum und den Menschen der jeweiligen Region zu beschäftigen. »Wir möchten, dass die Kinder Lust auf Natur bekommen. Sie sind viel draußen, sie wandern und streifen durch den Wald. Die Kinder sollen untereinander besprechen, was sie am meisten interessiert und wie sie den Tag gestalten. Hauptthemen sind Tiere und Pflanzen, das Klima, sowie der Nationalpark Bayerischer Wald. Wanderungen durch Windwürfe oder Urwaldgebiete sind für Kinder abenteuerlich. Sie sollen von Anfang an Verantwortung übernehmen. Der Höhepunkt ist eine Wanderung zum Berg Falkenstein. Nicht alle sind voll davon begeistert, doch wenn man es einmal gemacht hat, kann man es besser beurteilen«, meint Achim Klein.
Eine Nacht im Naturcamp des Nationalpark Bayerischer Wald
Die Hütten stehen am Waldrand, seltsame Tier-und Naturgeräusche bei Nacht können gruselig sein und Angst machen. Die kuschelige Erdhöhle ist die einzige Hütte mit einem warmen Ofen, weswegen viele abends gerne hier zusammen kommen. Als Beleuchtung dient einzig das Mondlicht, das durch ein Dachfenster scheint oder eine Taschenlampe. Kerzen sind wegen Brandgefahr im Naturcamp nicht erlaubt. Chips knabbern ebenfalls, denn die Brösel locken Mäuse an.
Die Natur ist anziehend
Der Nationalpark Bayerischer Wald ist ein Anziehungspunkt für Wanderer, Radfahrer und Naturfreunde. In das Innerste des Nationalparks kommt man von den Hauptorten aus nur mit dem sog. Iglbus. Im Naturcamp gibt es für Schulklassen unter der Woche günstige Preise. An Wochenenden übernimmt der Verein WaldZeit die Betreuung für verschiedene Gruppen. Der Verein WaldZeit bietet übrigens viele Naturerlebnisse für Familien und Gruppenreisende in die Nationalparkregion.
“Ich zog in den Wald, weil ich den Wunsch hatte, dem eigentlichen, wirklichen Leben näherzutreten, zu sehen, ob ich nicht lernen konnte, was es zu lehren hatte, damit ich nicht, wenn es ans Sterben ginge, einsehen müsste, dass ich nicht gelebt hatte”
Henry David Thoreau

Wanderung im Watzlik-Hain
Mit Dr. Franz Leibl, dem Chef des Nationalparks Bayerischer Wald, wandern wir durch den Watzlik-Hain. Dieser Wald ist seit dem 18. Jahrhundert unberührt. Damals führte eine alte Straßenverbindung vom Zwieslerwaldhaus nach Böhmen. Wir erfahren, dass der Watzlik-Hain als militärisches Bollwerk dienen sollte. Man ließ die Bäume stehen, damit sie im Ernstfall gefällt werden können, um eventuell heranrückende Truppen aufhalten zu können. So dachte man damals.
Seit dieser Zeit blieb der Watzlik-Hain im Bayerischen Wald unangetastet. Der Wald wurde später als Bannwald und Naturschutzgebiet geschützt. Heute ist der Watzlik-Hain im Nationalpark integriert und streng geschützt. Links und rechts des Weges liegen umgestürzte, bemooste Baumriesen. Als Naturfreund sehe ich zauberhafte Waldbilder, Lichtstrahlen flimmern zwischen den Ästen. Die alten Stämme tragen Zunderschwämme, aus Astgabeln wachsen Farne und andere Pflanzen. Bäume liegen kreuz und quer am Waldboden, die Luft ist feucht, es riecht modrig.
Im Totholz ist Leben.
Als Nationalparkdirektor Dr. Franz Leibl die Baumgiganten ganz langsam von unten nach oben in Augenschein nimmt, kommt er ins Schwärmen. »Schaut her, so soll der Nationalpark Bayerischer Wald einmal werden. Hier ist ein abgestufter, strukturreicher Wald. Horizontal und vertikal sind alle Altersstufen und Arten vorhanden. Es gibt viel Totholz. Auf altem, liegendem Totholz können sich Pilze, Organismen und Insekten entwickeln, die man in Wirtschaftswäldern nicht findet. Totholzvorräte mit mehr als 100 Festmeter pro Hektar sind NationalparkBbayerischer Wald lebenswichtig für einen gesunden Urwald.«
Die Zeit der Buche ist gekommen.
Der Pfad durch den Watzlik-Hain führt zur Riesentanne. Sie ist der mächtigste Baum der Bundesrepublik und vermutlich ältestes Lebewesen im Nationalpark Bayerischer Wald. Dieser Baum misst 52 Meter, hat einen Stammumfang von mehr als fünf Metern und ein Volumen von 40 – 50 Festmeter Holz. Wir erfahren, dass Anfang des 19. Jahrhunderts Tannen im Nationalpark Bayerischer Wald noch viel häufiger anzutreffen waren als heute. Inzwischen ist die Buche in Deutschland im Vormarsch und in vielen Wäldern ist sie die dominierende Baumart.
Im Nationalpark Bayerischer Wald gilt: »Natur, Natur sein lassen«
Das funktioniert nicht immer. Zwar ist der Wildbestand im Nationalpark relativ gering, dennoch muss Rotwild weiterhin bejagt werden, damit der Wald von selbst nachwachsen kann. Wildsauen vermehren sich stark. Die Anwohner der angrenzenden Dörfer bekommen das zu spüren. Wenn Wildsauen mit ihrer Sippe nachts auf Futtersuche gehen, kann eine ganze Wiese, im wahrsten Sinne des Wortes, »versaut« werden. Der Einzelgänger Luchs hält den Rehwildbestand in Schach. Wir erfahren: Wenn Flora und Fauna aus der natürlichen Balance kommen, muss der Mensch behutsam und steuernd eingreifen.
Biber als Untermieter
Wir erreichen die Ausflugsgaststätte Schwellhäusl mit Biergarten am Fischteich. Der Wirt Ludwig Lettenmeier erzählt uns von »seiner« Biberfamilie, die direkt unterm Gasthaus ihre Burg hat. Jeden Abend schwimmt Familie Biber zur Freude der Gäste heraus. Die hohen Silberweiden am Ufer sind für den Biber verlockend. Der Gastwirt liebt seine Biber und lebt mit ihnen in friedlicher Koexistenz.

Mein Tipps für einen Besuch im Nationalpark Bayerischer Wald:
- Besucherzentrum Haus zur Wildnis. In der weitläufigen Gehegezone können Sie Tiere beobachten. Wölfe, Luchse, Wildpferde und andere, die man in freier Wildbahn des Nationalpark Bayerischer Wald nur selten zu Gesicht bekommt.
- Der Verein WaldZeit ist Kooperationspartner des Nationalpark Bayerischer Wald. Natur- und Wildnispädagogen bieten ein breitgefächertes Programm an. Wandern, Naturerlebnisse, Workshops und vieles mehr.
- Die Organisation Fahrtziel Natur setzt sich für nachhaltigen Tourismus ein und bietet entsprechende Angebote. Fahrtziel Natur ist der Zusammenschluss der drei großen deutschen Umweltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sowie die Deutsche Bahn. Die Region des Nationalpark Bayerischer Wald ist mit Bahn und Busverbindungen gut erschlossen. Übernachtungsgäste sind mit dem Gästeservice-Umweltticket (GUTi) kostenlos mobil. Bitte besuchen Sie die Webseite von Fahrtziel Natur.
- Eine Fahrt mit der Waldbahn durch die schönsten Regionen des Bayerischen Waldes ist ein Erlebnis.
- Mit der Waldbahn fuhren wir zum Grenzbahnhof nach Bayrisch-Eisenstein. Mitten durch das lange Gebäude markiert eine diagonale Linie den ehemaligen eisernen Vorhang. Hier sind fünf Museen untergebracht. Das Fledermausmuseum im Untergeschoss ist besonders und einen Besuch wert. Im historischen Wartesaal ist heute ein Restaurant. Hier werden vorzüglich zubereitete Speisen und hausgemachte Kuchen serviert.

Fahrtziel Natur hat mich zu dieser Pressereise in den Nationalpark Bayerischer Wald eingeladen. “Fahrtziel Natur”, ist der Zusammenschluss der drei großen deutschen Umweltverbände: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sowie Deutsche Bahn. Ich berichte darüber, weil ich diese Organisation gern unterstütze.