Die Hitze im Jahre 2018 lässt die Ruinen der untergegangenen Dörfer aus dem Stausee auftauchen. Sie zählen zum sogenannten »Edersee-Atlantis«. Das mythologische Atlantis der griechischen Sage versank der Legende nach im Meer. Das Edersee-Atlantis hingegen taucht aus dem Stausee auf. Die Aselbrücke liegt normalerweise acht Meter unter der Wasseroberfläche. Im August 2018 ist die Brücke aufgrund des niedrigen Wasserstandes jedoch begehbar und eine gern besuchte Touristenattraktion. Einerseits stellt sie ein reizvolles Besichtigungsziel für viele Tagesgäste aus der Umgebung dar, andererseits ist es bedrohlich, welche Auswirkungen die Klimakrise erkennen lässt.

Per Zug komme ich nach Bad Wildungen. Beim Blick aus dem Zugfenster fallen mir die knochentrockenen Felder auf. Zu dieser Jahreszeit ist die Landschaft normalerweise grasgrün. Traktoren ziehen lange Staubfahnen hinter sich her. Auf vertrockneten Viehweiden stehen Kühe gelangweilt herum, weil sie kaum Futter finden, auf Äckern wachsen kümmerliche Maispflanzen. Obstbäume tragen schon im August ihr Herbstlaub, rote Äpfel liegen infolge von Wassermangel am Boden. Im Vorbeifahren sehe ich in Wäldern verdorrte Wipfel von Kiefern, Fichten und Laubbäumen. Die sengende Hitze und Trockenheit hat Deutschland im Griff.

Am ersten Tag wandere ich auf dem schattigen Urwaldsteig entlang des Edersees von Bringhausen bis Asel. Für die Errichtung des Edersees mussten drei Dörfer weichen und 700 Bewohner ihre Heimat verlassen. Die Dörfer Asel, Berich und Bringhausen versanken während der Bauphase von 1912 bis 1914 im Wasser. Heute besichtigen wir trockenen Fußes die Ruinen dieser Orte. Östlich von Bringhausen erinnern alte Friedhöfe an die ehemaligen Bewohner. Ihre Gräber wurden mit Betonplatten abgedeckt, damit die Gebeine nicht vom Wasser freigespült werden.
Fotoimpressionen Edersee-Atlantis
Es ist Mitte August und seit April ist kein Regen auf die Landschaft gefallen. Der Pegelstand des Edersees ist acht Meter gesunken. Der Stausee enthält geschätzt nur zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent seiner normalen Wassermenge. Das bringt Wasserwerker und Touristiker dramatisch in die Klemme. Die Verantwortlichen der Edertalsperre stehen vor der Wahl: Entweder lassen sie mehr Stauwasser aus dem See, damit die Schifffahrt auf der Weser funktioniert, oder sie riskieren ein Fischsterben im Edersee. Die Touristiker sorgen sich um das Image dieser Ferienregion, denn der Edersee ist mit zwölf Quadratkilometern Wasseroberfläche und 26 Kilometer Länge der zweitgrößte Stausee in Deutschland. Er liegt malerisch wie ein norwegischer Fjord zwischen bewaldeten Hügeln des Nationalpark Kellerwald. Im Sommer ist der See ein beliebtes Naherholungsgebiet, das zum Campen und zum Wassersport einlädt.

Das wärmste Jahr seit der Wetteraufzeichnung
Die Grafik des Deutschen Wetterdienstes dokumentiert den Temperaturverlauf in Deutschland seit 138 Jahren. Laut des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war das Jahr 2018 das wärmste sowie das vierttrockenste seit Beginn der Wetteraufzeichnung im Jahre 1881. Für die Land- und Forstwirtschaft hat das dramatische Folgen. Das Gras verdorrte auf den Weiden, bei Getreide und Feldfrüchten kam es zu Ernteausfällen und Landwirte hatten wirtschaftliche Schäden zu beklagen.
Älteste Bergwetterwarte der Welt- Meteorologische Station am Hohenpeißenberg

Temperaturaufzeichnung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) seit 1881


Extreme Trockenheit bleibt kein Einzelereignis. „Die Klimaforschung ist einig: Solche Wetterextreme werden mit dem Klimawandel wahrscheinlicher. Wir müssen künftig häufiger und in regelmäßigen Abständen mit Dürreperioden in Deutschland rechnen“, erklärt Dr. Paul Becker, Vizepräsident des DWD. Auch die Gewässerdynamik am Edersee wird in Zukunft weiter vom Klimawandel beeinflusst. Die Klimakrise besser verstehen:

“Manchmal wollen die Menschen die
Wahrheit nicht hören, denn das würde
ihre ganze Illusion zerstören.”
Friedrich Nietzsche
Die Lunge des Planeten retten – Waldschutz zwischen Berlin und Brasilien
“Fahrtziel Natur” hat mich eingeladen. Das ist eine Gemeinschaft von Organisationen, die sich für nachhaltigen Tourismus engagieren. Dazu gehören Bund Naturschutz (BUND), Naturschutzbund Deutschland (NABU), Verkehrsclub Deutschland (VCD, die Deutsche Bahn (DB). Bitte beachten Sie das Reiseangebot zu Naturjuwelen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Dank auch an Herrn Schäfer Buchhandlung geniallocal in Bad Wildungen.